Kruzifix-Stürmer

Vor kurzem erhitzte ein Urteil des EGMR die Gemüter nicht nur in Italien – von wo der Fall gekommen war. Das Gericht hatte entschieden, dass in den italienischen Schulen keine Kruzifixe mehr hängen dürften.

Ein ähnliches Urteil gab es auch schon für Deutschland.

Und nun heute ein erster Fall aus Österreich.

In etlichen Foren und blogs wettert dann der Volkszorn gegen die Muslime, die offensichtlich den Anblick des Kreuzes nicht ertragen können.

Äh – ehrlich? In allen drei Fällen waren die Kläger keine Muslime.

Unterrichtsverbot für den Weihbischof? – und was hat das mit Parallelgesellschaften zu tun

Es geht um den neuen Weihbischof von Linz, dessen Ernennung dem Papst ja auch aufs Sündenregister geschrieben wird. Der soll sich gegen die Einsetzung von Ministrantinnen gewendet haben.

Zu diesem Thema, aber vor allem aber zum Thema Parallelgesellschaften veröffentlichte heute der Standard ein Interview mit der Migrationsforscherin Herzog-Punzenberger, das ich wirklich mit Schmunzeln las:

„Parallelgesellschaften kenne Österreich ganz gut, sagt Migrationsforscherin Barbara Herzog-Punzenberger – und zwar vom rot-schwarzen Proporzsystem, als sich Christlichsoziale und Sozialdemokratie nicht nur den Zugang zur Macht, sondern auch Bergwandervereine und Autofahrerclubs fein säuberlich nach Gesinnung aufteilten. Bei den türkischen Zugewanderten kann Herzog-Punzenberger keine Parallalgesellschaft erkennen. Und wer darüber klagt, dass „die Türken unter sich bleiben“, solle sich fragen, wie sehr er/sie selbst daran interessiert ist, mit dem türkischen Nachbar in regem Austausch zu stehen. Was den islamischen Religionsunterricht betrifft, verweist die Wissenschafterin auf den neuen Linzer Weihbischof, der sich jüngst gegen weibliche MinistrantInnen ausgeprochen hatte: „Kriegt der Weihbischof auch Unterrichtsverbot?“, fragt Herzog-Punzenberger.“

Das gesamte Interview ist lesenswert, gerade die Eingangsfrage und -antwort freuten mich aber besonders:

derStandard.at: In Deutschland sorgte jüngst eine Studie über türkische Zuwandererfamilien für Aufsehen: Selbst in der dritten Generation blieben Türkischstämmige unter sich, identifizierten sich immer noch mit der Türkei, obwohl sie das Land kaum kennen. Wie beurteilen Sie das?

Herzog-Punzenberger: Interessant ist, dass man die Türken immer herausstellt. Wenn ich sage, dass die italienischen Zuwanderer in Deutschland bei der Bildung noch schlechter abschneiden als die Türken, dann will das keiner hören, denn das ist eine katholische Gruppe aus einem EU-Land. Also fasst man sie als „Südeuropäer“ mit den viel erfolgreicheren Spaniern und Griechen zusammen, und hat sie damit unauffällig gemacht. Es ist irrsinnig praktisch, die Türken herauszugreifen – schließlich sind sie die größte und sichtbarste Gruppe.

Viel Spaß beim Rest.

Gastro-Rassismus

Die Wahlergebnisse und etliche Politikersprüche in Italien lassen ja schon länger an vielem zweifeln – die neuste Idee aus einer netten kleinen Stadt in der Toskana lassen mich jedoch endgütlig nur noch den Kopf schütteln:

„Appetit auf Döner, Tandoori-Hühnchen oder Peking-Ente? Nicht in Lucca. Die Stadt in der Toskana hat die Eröffnung neuer ausländischer Restaurants in ihrer historischen Altstadt verboten und sich damit den Vorwurf des „Gastro-Rassismus“ eingehandelt.
Der vorige Woche von der konservativen Stadtverwaltung verhängte Bann zielt darauf, die einheimische Spezialitätenküche vor der Konkurrenz der zunehmend beliebten Ethno-Lokale zu schützen.“

Ich hätte ja die italienische Küche für konkurrenzfähig gehalten – werde das allerdings nun grad nicht testen, Protest muss sein.

Die Ansicht darüber, was „ausländisch“ ist, ist für Norditalien wohl auch mal wieder typisch:

„Ein französisches Lokal dürfte eröffnet werden, meinte Di Grazia. Bei sizilianischer Küche – zwar italienisch, aber oft von nahöstlichen Zutaten beeinflusst – war er sich nicht so sicher.“

Oh, bella Italia….

Kessel Lampedusa

Kennen Sie Lampedusa? Eine winzige Insel im Mittelmeer, dem afrikanischen Kontinent am nächsten gelegen. Da sie zu Italien gehört, eine erste Anlaufstelle für Flüchtlinge, die übers Meer nach Europa streben. Die Italiener sind nicht erfreut, seit Jahren müssen sie dort Ankommende aufs Festland verbringen. Nun hat sich der Innenminister Maroni eine einfache Lösung ausgedacht:

„Maroni hat angeordnet, dass kein Flüchtling mehr die Insel verlässt. „Wer auf Lampedusa ankommt, bleibt dort bis zu seiner Rückschaffung“, heißt seine Losung. Wenig schert es den Minister, dass das Lager mittlerweile aus allen Nähten platzt. Eigentlich für 300 Personen vorgesehen, mit Notkapazitäten für weitere gut 500 Menschen, beherbergte es in den letzten Tagen 1.800 Bootsflüchtlinge. Mittlerweile schlafen die Menschen in den Korridoren, in den Verwaltungsbüros, ja selbst auf dem Hof unter notdürftig gespannten Planen und unter katastrophalen Hygienebedingungen.“

Dass das nicht gut gehen kann, sollte sich jeder mit etwas gesundem Menschenverstand ausrechnen können. Und so protestieren inzwischen nicht nur die Flüchtlinge, sondern auch die Einheimischen, weil dieser Zustand den Tourismus, ihre Einnahmequelle, empfindlich zu stören droht.

Italiens Regierung stört das wenig – und Flüchtlinge scheinen dort auch nur als Ballast zu gelten, dessen Rückschaffung man irgendwie vereinbaren kann (haben die schon mal was von einer Flüchtlingskonvention gehört?):

„Erst einmal aber hat Maroni für Dienstag einen Trip nach Tunis geplant. Dort will er Präsident Ben Ali die Zustimmung zur direkten Rückschaffung der über 1.000 auf Lampedusa festgehaltenen Tunesier abhandeln.“

Aber sowas ist in der EU.