Was alles so nicht strafbar ist

Ein Urteil gegen einen Syrer, der handgreiflich wurde, als er einige dieser Sprüche las, bescherte mir diese Geschichte – der Syrer wurde bestraft, der Hetzer nicht:

Er hat Angst vor einer Invasion muslimischer Menschen, die sich auf Kosten deutscher Steuerzahler ein süßes Leben gönnen wollen. Bundespräsident Christian Wulff nennt er den „Türken-Vater“, Kanzlerin Angela Merkel ist für ihn die „Türken-Mutter“, die habsüchtigen Zuwanderern das Geld hinterherwirft. Die Thesen, die der 68-jährige Provokateur aus Herne verbreitet, zielen darauf ab, Ausländer zu diskreditieren. Und so fordert er unverhohlen mit einem weißen Schriftzug auf seinem blauen Poncho: „Kanzlerin aus Nächstenliebe, schick die Türken nach Hause“.
Davon fühlte sich ein 52-jähriger Syrer provoziert, der beim Stadtbummel mit seinen zwei Schäferhunden auf die Ein-Mann-Demonstration stieß. Empört riss er das Transparent herunter, auf dem die krude Botschaft zu lesen war „70 % Muslime = 3 Mio. haben die Ehre, auf Kosten unserer Enkel zu leben“.
Dabei kam es zu einem Handgemenge, bei dem der Poncho-Mann einige Striemen an der Hand davongetragen haben soll. Das Amtsgericht Osnabrück verurteilte den Syrer dafür jetzt zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 10 Euro.

In diesem Verfahren ging es überhaupt nicht um die Frage, ob die Äußerungen des Demonstranten von der Meinungsfreiheit gedeckt sind oder womöglich den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllen.
Angeklagt war einzig der Mann, der dem ausländerfeindlichen Spuk ein Ende machen wollte. Für das Amtsgericht Osnabrück ein klarer Fall von Sachbeschädigung in Tateinheit mit Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung, wie Pressesprecher Ingo Frommeyer auf Anfrage unserer Zeitung erklärte.

Auch wenn sich der Syrer provoziert fühlte, hätte er nicht handgreiflich werden dürfen, vermerkte der Richter. Er hätte ja die Polizei rufen können. Dass er zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, hänge aber auch mit seinem Vorstrafenregister zusammen. Achtmal sei er schon strafrechtlich in Erscheinung getreten, auch wegen Körperverletzung. Und zum Zeitpunkt der handgreiflichen Attacke habe er noch unter Bewährung gestanden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Poncho-Mann aus Herne muss hingegen nicht mit einer Anklage rechnen. Staatsanwälte aus Duisburg, Münster und Oldenburg haben seine ausländerfeindlichen Parolen untersucht, aber nichts entdeckt, das den Tatbestand der Volksverhetzung oder einer Verunglimpfung des Bundespräsidenten erfüllt hätte. Das Recht auf freie Meinungsäußerung habe einen so hohen Stellenwert, dass auch manche befremdlich erscheinende Äußerung hingenommen werden müsse, erklärte Kathrin Schmelzer, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Oldenburg.

Ihre Behörde ist zuständig, wenn es um politische Straftaten geht. Die Akte des Poncho-Mannes sei schon durch viele Hände gegangen – bis ins niedersächsische Justizministerium, teilte Schmelzer mit. Aber an der Beurteilung habe das nichts geändert. Zur Meinungsfreiheit gebe es Urteile des Bundesverfassungsgerichts, und in zahllosen Kommentaren zur Rechtsprechung sei festgelegt, was erlaubt ist und was nicht. Ein Satz wie „Gastarbeiter unerwünscht“ falle zum Beispiel unter die Meinungsfreiheit. Auch die Frage, ob der Ein-Mann-Demonstrant den Bundespräsidenten diffamiert hat, sei ausgiebig erörtert worden, vermerkte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. An der Bezeichnung „Türken-Vater“ lasse sich jedenfalls „keine Verunglimpfung im Sinne einer Schmähkritik“ festmachen.

Ja, klar. Das muss man ja doch sagen dürfen.
Wenns brennt, ist es dann wieder keiner gewesen.

 

Drei Jahre bloggen – und nun?

Heute, am 21.12.2011, wird dieser Blog drei Jahre alt. Er entstand, als ich feststellte, das alles, was ich auf anderen Websites, insbesondere in Foren, schrieb, einfach gelöscht werden konnte. Hier war ich nun meine eigene Chefin. Inzwischen hat der Blog Ableger bekommen, und seit fast zwei Jahren blogge ich auch bisweilen beim „Freitag„.

Nicht immer fülle ich die Seite regelmäßig mit neuen Inhalten – die Strafe dafür sind mäßige Besucherzahlen und wenig Kommentare. Das bedauere ich um so mehr, als mir meine Themen wichtig sind. Also heißt mein neuer Vorsatz für 2012, nicht aufgeben, sondern versuchen, mehr, vor allem regelmäßiger zu schreiben.

Durch den „Freitag“ kam ich auch zu Twitter, was mir schon 2010 oft Ideen für neue Beiträge brachte. 2011 wurde jedoch durch den „arabischen Frühling“ ein Ausnahmejahr – ich denke, jeder, der damit zu tun hatte, weiß, was ich meine: Stundenlang an der Timeline kleben und live die Ereignisse verfolgen, die im TV allenfalls bei Al-Jazeerah zu sehen sind – und auch da nicht immer. Das hat meiner Produktivität oft auch nicht wirklich gut getan, aber mir, gerade über Twitter, Bekanntschaften eingebracht, die ich nicht mehr missen möchte. Vielleicht ergibt sich in der Zukunft mehr daraus.

Viel mehr Leser hat mein Blog auch durch Twitter nicht bekommen: meine deutschen Follower scheinen sich mehrheitlich für anderes zu interessieren, diejenigen, die meine Artikel interessieren könnten, lesen nicht so gerne oder gut deutsch. Bislang habe ich jedoch die Idee, auf englisch zu veröffentlichen, abgelehnt, weil einerseits mein englisch nicht perfekt ist und andererseits es sehr viel mehr Informationen nicht auf deutsch gibt.

Weiterbloggen? Auf jeden Fall. Facebook und Google+ meide ich, dort braucht man mich nicht zu suchen. Twitter ja, gerne, aber sonst: meine blogs.

2012 mit mehr Verbreitung – inshaAllah.

Diesen Artikel hätte ich ohnehin als Geburtstagsbeitrag geschrieben, nun aber auch als Beitrag zur Blogparade bei Robert Basic.

Drohungen und anderes

Wie bekannt, wurden ja in der Zwickauer Wohnung des Nazi-Trios auch Listen gefunden. Die Namen derer, die dort als mögliche Anschlagsziele gesammelt worden waren, wurden teilweise der Presse bekannt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Betreffenden gleicherweise informiert worden wären – der Generalsekretär der IGMG erfuhr davon eben durch Pressevertreter, erst erheblich später von der Polizei.

Das kann ja bei einem so großen Fund einmal vorkommen, seien wir kulant. Nur, jetzt wieder folgendes: in Hannover wurde die Sozialministerin Özkan von Nazis schriftlich bedroht. Und:

In der E-Mail, die Özkan nach Informationen dieser Zeitung am Ende vergangener Woche in ihrem privaten Postfach erhalten hat, heißt es: „Wir kündigen hiermit an, dass wir für die Durchsetzung unserer politischen Ziele und zur Bewahrung unserer Kultur im nächsten Jahr eine neue Waffe einsetzen werden. Wir haben die Schnauze voll und können auch anders!“

In einem der Nachricht angehängten Video ist zu sehen, wie der „Abschie-Bär“ vor einem Döner-Imbiss den rechten Arm zum sogenannten Hitlergruß hebt.
„Wir nehmen das sehr ernst und haben unmittelbar die Polizei eingeschaltet“, sagte Özkans Sprecher Thomas Spieker. Die Staatsschutzabteilung bei der Polizeidirektion Hannover ist eingeschaltet. Über das Video gelangt man auf die Internetseite der Rechtsextremisten-Gruppierung „Besseres Hannover“. Weil der Bär den „Hitlergruß“ zeigt, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen unbekannt wegen der illegalen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, erklärte Staatsanwältin Kathrin Söfker am Montag. „Wir prüfen umfassend, ob der Inhalt der E-Mail auch darüber hinaus strafrechtlich relevant ist.“

Das Video ist bereits seit einigen Tagen im Internet auf der Seite von „Besseres Hannover“ zu sehen. In dem Video werden auch einzelne Betreiber von Döner-Imbissen offen verhöhnt und Abschiebungen gefordert. Der Staatsschutz hatte bereits am vergangenen Donnerstag die Ermittlungen aufgenommen. Wie gestern allerdings bekannt wurde, hat die Polizei bisher nicht einmal Kontakt zu den Betreibern der Restaurants aufgenommen hat, deren Lokale in dem Film gezeigt werden. Hannoversche Ratspolitiker kritisierten die Polizeidirektion Hannover am Montag dafür und forderten die Beamten auf, umgehend die Betroffenen zu informieren.

(Hervorhebung von mir)

Was soll das?

Aber was wundert man sich über die Polizei, wenn Parlamentarier auch nicht viel besser sind – ebenfalls aus Hannover:

„Bei der Debatte über die Flüchtlingspolitik im niedersächsischen Landtag hat die CDU-Abgeordnete Gudrun Pieper am Mittwoch für einen Eklat gesorgt. In Richtung der türkischstämmigen Grünen-Parlamentarierin Filiz Polat sagte sie: «Am besten hätte man Sie abschieben sollen.»

Pieper kassierte für ihre Bemerkung einen Ordnungsruf. Sie entschuldigte sich allerdings zunächst direkt bei Polat und anschließend auch in einer Erklärung vor dem Parlament. In der Debatte hatte die Opposition Innenminister Uwe Schünemann (CDU) eine inhumane und menschenrechtswidrige Abschiebepraxis vorgeworfen. Niedersachsen handle nach Recht und Gesetz, konterte der Minister.

Polat kritisiert Innenminister Schünemann
Das sieht Polat allerdings anders. Auf ihrer Homepage erklärte sie vor der Debatte: „Minister Schünemann schreckt nicht davor zurück, sogar bei anerkannten Härtefällen eine Abschiebung zu forcieren. Damit verstärkt sich der Verdacht, dass in Niedersachsen das Votum der Härtefallkommission hintertrieben und bei positiven Bescheiden die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Nachhinein mit verschiedensten Begründungen versagt wird.“
www.focus.de/politik/deutschland/am-besten-haette-man-sie-abschieben-sollen-cdu-frau-beschimpft-tuerkischstaemmige-abgeordnete_aid_691829.html

Die Spur führt auch nach Ludwigshafen

Ludwigshafen, 3. Februar 2008. Der Rosenmontagszug windet sich durch die Stadt, auch entlang des Danziger Platzes, unweit des Rathauses. Plötzlich bricht in einem der dort anliegenden Jugendstilhäuser ein Feuer aus. 9 Menschen kommen ums Leben, 60 werden, z.T. schwer verletzt, alle türkischstämmig.

Noch bevor der Brandort soweit abgekühlt ist, dass die Ermittler ihn betreten könnten, verkündet der Ministerpräsident Beck, es gebe keinerlei Anzeichen für Brandstiftung. Die Türkei schickt, zum Ärger vieler Deutscher, eigene Ermittler – offensichtlich fielen dort die vielen ungeklärten Morde und Anschläge mehr auf – die damals schon 9 ermordeten Selbständigen, die vielen Verletzten in der Keupstraße – und nie fand die Polizei etwas.

Daran änderte sich auch hier nichts, obwohl zwei Mädchen im Haus einen Mann mit einem – brennenden – Stock gesehen haben wollten, blieben zum Schluss nur Gerüchte, die auf die ein oder andere Weise die Mieter oder die türkischen Eigentümer des Hauses beschuldigten.

Bis jetzt:

Bei ihren Ermittlungen zum Umfeld der mutmaßlichen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) gehen die Behörden neuen Spuren in die militante Neonaziszene in Rheinland-Pfalz nach. Nach Informationen der Frankfurter Rundschau ist der bekannte Ludwigshafener Neonazi Malte R. ins Visier der Ermittler gerückt. Er soll eine maßgebliche Rolle bei der dortigen Nazi-Gruppe Lunara einnehmen und Schießübungen im Ausland organisiert haben. Lunara bewerten die Behörden anscheinend als terroristische Vereinigung.

Laut Dokumenten, die der FR vorliegen, gilt Malte R. den Behörden zudem als verdächtig, den Brand in einem Ludwigshafener Wohnhaus gelegt zu haben, bei dem am 3. Februar 2008 neun türkischstämmige Bewohner ums Leben gekommen waren. Das Feuer in dem ausschließlich von Migranten bewohnten Haus hatte damals auch deshalb international Aufsehen erregt, weil die Behörden eine Brandstiftung mit ausländerfeindlichem Hintergrund relativ schnell ausgeschlossen hatten. Die Ursache des Feuers ist bis heute ungeklärt. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, hatte in der vergangenen Woche erklärt, den Fall neu untersuchen lassen zu wollen.

Wie bei jedem der Vorfälle waren über lange Zeit Opfer und Angehörige von der Polizei verdächtigt worden. Zum Teil in sehr übler Weise, wie von Necla Kelek, deren unsägliche Einlassungen der Politblogger in einem Artikel zum Thema zitiert. Sie hatte damals wie üblich ihrem Hass auf türkische Männer gefrönt, ungeachtet der Tatsache, dass eben viele der Männer deshalb unter den Verletzten waren, weil sie entweder vor dem Haus den Rosenmontagszug verfolgt hatten oder einfach konstitutionell einer Rauchgasvergiftung nicht ebenso schnell erlagen wie Frauen und Kinder.

Beim Politblogger liefen damals heiße Diskussionen – selbst in seinem nun wirklich nicht rechten Forum wurde aber lieber auf Erdogan rumgehackt und der Verdacht, dass es ein Nazi-Anschlag sein könnte, eher verlacht. Auszüge:

1. Thread:

2. Thread

3. Thread

hier so ein Schmankerl:

LeonGeschlecht:
Alter: 45
Anmeldungsdatum: 12.01.2008
Beiträge: 745neth_antilles.gif

BeitragVerfasst am: 21.10.2008, 09:07    (Kein Titel) Antworten mit ZitatNach oben

Das einschlägige Reiz-Reaktionsschema ist spätestens seit dem Brand von Ludwigshafen hinlänglich bekannt.
Ein Teil der türkischen Öffentlichkeit ist ja immer noch davon überzeugt, es habe damals eine ganze Serie von Brandanschlägen deutscher Rechtsextremisten gegeben.
Es herrscht abgrundtiefes Misstrauen…

Tja, und nun?

Davon abgesehen, es ist schon erstaunlich, dass einfache Schreiber in einem solchen Forum einen Zusammenhang zwischen den Morden an Selbständigen, Köln und Ludwigshafen herstellen konnten, aber nicht die Polizei. Das Ausmaß der – gewollten? – Blindheit ist entsetzlich.

Die USA ziehen die Daumenschrauben an

Klar, die USA sind ziemlich pleite. Also spart man, und das geht ohne Verlust von Wählerstimmen am Einfachsten bei Zahlungen ins Ausland.

US Congress would impose restrictions on aid to Egypt, Pakistan and the Palestinian Authority in a $53.3 billion bill that avoids the deep cuts in foreign assistance that republicans had pursued this year.

Reflecting concerns about uncertainty within the Egyptian government, the bill would block the release of $1.3 billion in security assistance to Cairo and $250 million in economic assistance until the secretary of state makes several assurances to Congress.

She must certify that Egypt is abiding by a 1979 peace treaty with Israel and that military rulers are supporting the transition to civilian government with free and fair elections and “implementing policies to protect freedom of expression, association and religion and due process of law.”

The legislation also freezes aid to Pakistan until the secretary can certify that Islamabad is cooperating on counterterrorism, including taking steps to prevent terrorist groups such as the Haqqani network from operating in the country.

The aid amount was unspecified in the legislation as Congress gave the Obama administration flexibility to figure out the funds.

A separate defence bill would hold back $700 million for Pakistan until the defence secretary provides Congress a report on how Islamabad is countering the threat of improvised explosive devices.

The bill continues the existing restrictions on aid to the Palestinian Authority, requiring the secretary to certify that it is committed to peaceful co-existence with Israel and is taking appropriate steps to combat terrorism.

Economic assistance for the Palestinians is in jeopardy if they pursue statehood recognition in the United Nations over the objections of the United States and Israel, which wants to resume talks.“

 

Natürlich ist es das Recht jeden Parlaments, über die Verwendung ihrer Steuermittel zu entscheiden. Aber diese zur Erpressung einzusetzen, ist ein ziemlich starkes Stück.

Ach so: die Finanzhilfen an Israel bleiben natürlich ungekürzt und bedingungslos.